Robin Angelini - Japanisch 1

Foto: Annalena Rey

Robin Angelini (22) hat am LSI einen Japanisch Sprachkurs besucht. Das Besondere: Robin ist seit seiner Geburt taub. Bei unserem Teilnehmerinterview unterstützte uns daher die Dolmetscherin für Gebärdensprache Kathleen Bieling. Ein speziell an die Lernsituation angepasstes Lehrprogramm im Format Einzelunterricht, welches von Dr. Gerd Dillmann, Institutsleiter des LSI-Japonicum, persönlich zusammengestellt wurde, sorgte für eine außergewöhnliche Lernatmosphäre.

Wie unterscheidet sich Ihr Alltag vom dem anderer?

Ich bin taub in der dritten Generation, meine Eltern und Großeltern väterlicherseits sind ebenfalls taub. Innerhalb der Familie gibt es natürlich gar keine Kommunikationsschwierigkeiten. Ich bin quasi zweisprachig aufgewachsen – mein Vater ist Italiener, meine Mutter Deutsche. Mein Vater gebärdet Italienisch, meine Mutter deutsch. Innerhalb der Familie hat sich daraus eine eigene Sprachform entwickelt. Ich studiere zurzeit Informatik an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. Nach meinem Studium kann ich mir vorstellen im Bereich der Mensch-Computer-Interaktion zu arbeiten, also daran zu forschen, wie man menschliches Leben durch Computer verbessern kann. In der Uni bin ich natürlich den ganzen Tag mit hörenden Studenten zusammen. Ich habe während der Vorlesungen Dolmetscher in Doppelbesetzung dabei, die für mich übersetzen. Innerhalb von Lerngruppen verständige ich mich viel über das Handy mit meinen Kommilitonen. Der Hauptunterschied, der zwischen tauben und hörenden Studenten besteht, ist wahrscheinlich der, dass wir Tauben unseren Alltag viel intensiver organisieren müssen. An dem Beantragen von Dolmetschern hängt eine Menge Bürokratie, bei der uns niemand unterstützt. Leider muss das Dolmetscherkontingent auch für jedes Semester aufs Neue beantragt werden, das kostet mich unglaublich viel Zeit.

Wie viele Sprachen beherrschen Sie?

Im Grunde genommen beherrsche ich sieben unterschiedliche Sprachen. Meine Muttersprache ist die deutsche Gebärdensprache. Die zweite Sprache ist die deutsche Schriftsprache. Auch Englisch und Latein kann ich lesen und schreiben. Außerdem verstehe ich die italienische Gebärdensprache und habe Grundkenntnisse in der amerikanischen Gebärdensprache. Dann gibt es noch die internationale "Gebärdensprache", die unter dem Begriff International Signing bekannt ist. Es handelt sich dabei um eine eher künstliche und sehr klare Sprache mit Gebärden, die sich größtenteils visuell herleiten lassen. Nun ist Japanisch insgesamt die achte Sprache, die ich lerne und ich möchte auf jeden Fall auf das Grundwissen, das ich jetzt erlangen konnte, aufbauen.

Warum lernen Sie Japanisch?

Ich lerne unglaublich gerne neue Sprachen, das ist ein großes Hobby von mir. Bei Japanisch im Besonderen sind es die Zeichen, die mich ansprechen und faszinieren. Ich bin Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes und ich habe das Angebot bekommen, einen geförderten Sprachkurs zu besuchen. Dieses habe ich natürlich sofort angenommen. Ich bin sehr dankbar, diese Chance bekommen zu haben. Das Japanische scheint mir tatsächlich der Gebärdensprache ähnlich zu sein, da es sehr visuell geprägt ist. Japan ist im Bereich der Informatik sehr weit. Somit überschneiden sich in Japan für mich zwei meiner größten Interessengebiete – Sprachen und Wissenschaft. Ich plane mich in Zukunft für ein Praktikum in Japan zu bewerben. Ich denke auch, dass ich im Beruf Vorteile haben könnte, wenn ich Japanisch verstehen kann.

Wie haben Sie sich im Unterricht verständigt?

Teilweise war auch im Unterricht die Dolmetscherin anwesend. Sie kann zwar kein Japanisch, aber durch eine Art Lautsprache war es ihr möglich, zwischen Herrn Dillmann und mir zu vermitteln. Doch auch zu zweit hat die Kommunikation sehr gut funktioniert. Wir mussten eben ein wenig kreativ sein und uns spontan anpassen. Es gab die Möglichkeit, dass wir uns über einen gemeinsamen Computerbildschirm mit zwei Tastaturen ausgetauscht haben. Wir haben also schriftsprachlich kommuniziert. Auch Mimik und Gestik haben eine große Rolle gespielt.

Wie wurden die Lerninhalte für Sie angepasst?

Ich bin wirklich überrascht, wie gut das Unterrichtsformat für mich funktioniert hat. Beim LSI wurde wirklich auf meine persönlichen Bedürfnisse eingegangen und ein individuelles Lernkonzept entworfen, das war einfach großartig. Ich hätte außerdem nicht erwartet, dass man in einer Woche – den zweiten Teil des Kurses plane ich im Februar zu absolvieren – so viel lernen kann. Einen Sprachkurs in dieser Form, auch Einzelunterricht, hatte ich vorher noch nicht. Für Herrn Dillmann war unser Sprachkurs natürlich auch eine ganz neue Erfahrung. Das Lehrmaterial des Japonicum ist sehr stark auf induktives Lernen mit auditivem Input ausgerichtet. Den akustischen Teil haben wir dadurch ersetzt, dass wir mit der lateinischen Umschrift gearbeitet haben. Die Dialoge, die natürlich zum Sprachenlernen dazugehören, haben wir in den ersten beiden Tagen über iMessage geführt, dann über den Computer. Das hat hervorragend funktioniert und großen Spaß gemacht! Ich bin stolz, dass wir es so geschafft haben, das vorgesehene Programm der ersten Woche des Japanisch Grundkurses vollständig durchzuarbeiten.