Charlotte Fest
Quiz on Korea
12.11.2019
Charlotte Fest studiert Koreanistik und Anglistik an der Ruhr-Uni-Bochum. Im Juni 2019 nahm sie an der deutschen Vorausscheidung für die koreanische TV-Show Quiz on Korea teil. Hauptgewinn war eine Reise nach Seoul und die Teilnahme an der Finalrunde im September 2019. Vor einem Millionenpublikum im TV-Sender KBS World holte sie einen hervorragenden zweiten Platz.
Charlotte, herzlichen Glückwunsch zu Deinem zweiten Platz! Es lief richtig gut, oder?
Ja, durch die Vorentscheidungsrunde hier in Bochum war ich gut vorbereitet. In einigen Ländern wurden die Fragen in der Vorrunde nicht auf Koreanisch, sondern in der Landessprache gestellt. Wenn man viel über Korea wusste, konnte man ins Finale kommen, auch ohne gute Sprachkenntnisse. In der Show waren einige Kandidaten deshalb ziemlich aufgeschmissen.
Wie hast Du persönlich Zugang zur koreanische Sprache gefunden?
Da sind bei mir zwei Sachen zusammengekommen. Zum einen habe ich seit der sechsten Klasse Taekwondo gemacht, habe das auch sehr intensiv bis zum schwarzen Gürtel betrieben. Dadurch hat sich ein Interesse an der Sprache entwickelt. Koreanisch finde ich spannend, weil es so ganz anders klingt als Deutsch oder Englisch.
Bekommt man das beim Sport schon so mit?
Ja, wir haben zum Beispiel immer auf Koreanisch gezählt, die Techniken haben koreanische Namen - die ich übrigens jetzt im Nachhinein erst so richtig verstehe. Ein Tritt nach vorne heißt auf Koreanisch wirklich einfach nur „Vorne treten“ (lacht). Auf der anderen Seite war es so, dass meine Schwester Modernes Japan in Düsseldorf studiert hat, wir sind beide große Anime-Fans. Dadurch war Asien schon immer ein Thema für mich. Vor diesem Hintergrund bin ich schließlich auf koreanische Musik und auf K-Pop gekommen.
Was sind Deine Lieblingsgruppen?
Stray Kids, Monsta X und Seventeen.
International treten die Bands unter englischen Namen auf, aber die Texte sind auf Koreanisch?
Mit englischem Einfluss hier und da. Mittlerweile gibt es innerhalb der Bands auch englischsprachige Idols, bei Stray Kids sind zum Beispiel zwei Sänger aus Australien dabei, die aber koreanische Wurzeln haben. Was mich an der Musik so gepackt hat? Dass sie so vielfältig ist. K-Pop passt sich der westlichen Musikkultur zwar an, hat aber auch einen ganz eigenen Flair. Die Choreografien sind toll. Ich tanze sehr gerne und so ist die Musik irgendwie auch mein Sport geworden.
Du studierst Koreanistik an der Ruhr-Uni Bochum. Was sind die Inhalte des Studiums?
Im Studium lernen wir natürlich vertieft die koreanische Sprache, es geht aber auch um Geschichte und darum die Kultur Koreas besser zu verstehen. Ich hatte im letzten Semester zum Beispiel ein Seminar zur Demokratisierung Koreas. Manche Kommilitonen wollen nur die Sprache lernen und verstehen nicht, warum so etwas wichtig ist. Ich finde, wenn man sich mit der Kultur und Geschichte Koreas beschäftigt, versteht man viel besser warum sich Leute auf bestimmte Weise ausdrücken. Wer die traditionellen koreanischen Märchen kennt, findet zum Beispiel auch viele Bezüge in den Liedtexten des K-Pop.
Ich habe mal unsere Russisch-Kollegen am LSI gefragt: Wieviel Russisch müsste ich können, um eine russische Tageszeitung lesen zu können? Die Antwort: Das Vokabular ist nicht das Problem, das kann man lernen. Aber man versteht die Kontexte nicht! Über welche Leute wird da gesprochen, was sind das für historische und kulturelle Ereignisse, auf die Bezug genommen wird…
Genau das. Das fängt schon bei der Populärkultur an. Wenn ich Übersetzerin werden wollte, reicht die Sprache alleine dafür nicht aus. Ich müsste zum Beispiel wissen, welche Filme gerade beliebt sind in Korea, weil sich Leute oft darauf beziehen oder Zitate daraus ins Gespräch werfen. Deswegen bin ich froh, dass ich mich für das Koreanistik-Studium entscheiden habe, auch wenn meine Motivation ursprünglich nur das Erlernen der Sprache war. Durch die Beschäftigung mit der Geschichte und Kultur Koreas kann ich Koreanisch besser anwenden und verstehen und mich in Koreaner, denen ich begegne, besser hineinversetzen.
Wann hast Du das erste Mal das Quiz on Korea wahrgenommen und wie hast Du dich vorbereitet?
Erst als die Flyer für die Vorentscheidung rauskamen. Zur Vorbereitung habe ich mir vor allem die alten Sendungen angesehen, das Quiz gibt es ja schon seit 2011 oder 2012. Für die Vorentscheidung habe ich mir daraus ein kleines Heftchen mit unbekannten Vokabeln angelegt.
Du hast die Vorentscheidung gewonnen und Dich gegen 60 andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer durchgesetzt. Hattest Du dich selber vorher als Favoritin gesehen?
Nein, ich war total überrascht! Es hat Gottseidank niemand von unseren Bochumer Master-Studierenden teilgenommen, gegen die hätte ich keine Chance gehabt. Ich wollte ursprünglich auch gar nicht mitmachen, aber eine Freundin hat mich überredet. Wir hatten eigentlich auf die Sachpreise für den 2. – 5. Platz spekuliert, ein neues Smartphone wäre toll gewesen (lacht)! Aber letzten Endes habe ich durch meine Reise nach Seoul so viel mehr bekommen, den Wert kann man gar nicht aufwiegen.
Wie ging es nach der Vorrunde weiter ?
In der ersten Woche nach dem Vorentscheid musste ich diverse Profile und Steckbriefe ausfüllen. KBS hat mich über die koreanische Botschaft kontaktiert. Die Produzenten der Show haben eine Facebook-Gruppe für alle Teilnehmer gebildet und uns vorab schon ein paar Tipps gegeben. Ich musste auch meine Maße schicken, weil wir in der Show ja Hanboks tragen sollten. Die wurden extra für uns angefertigt. Als ich im September in Seoul ankam, war die Anprobe eine der ersten Sachen, die wir gemacht haben.
Vor der eigentlichen TV-Aufzeichnung hattest Du noch eine Woche Aufenthalt in Seoul…
…die prall gefüllt war mit Aktivitäten. Sonntag war die Anreise, am Montag haben wir die Hanboks anprobiert, Dienstag waren wir am blauen Haus, dem Präsidentensitz, Mittwoch waren wir auf Ganghwado, einer Insel vor Seoul. Die Kameras waren immer mit dabei, es wurde schon für die Show gedreht, kleine Interviews und Einspieler.
Warst Du vor der TV-Aufzeichnung nervös?
Sehr! Ich bin immer nervös, wenn ich vor Leuten sprechen muss, auch hier im Studium. Aber letzten Endes war ich so müde von der ganzen Woche und den Eindrücken, dass ich gar keine Gelegenheit hatte mir viele Gedanken darüber zu machen. Am Tag der Aufzeichnung ging es um acht Uhr los, um neun waren wir im Studio und haben dann den ganzen Tag dort verbracht. Wir haben die Moderatoren kennengelernt, Maske, Make-Up, Probe … und dann die Show.
Bei der Du einen hervorragenden zweiten Platz gemacht hast. Woran erinnerst Du dich?
Es ist gefühlt alles viel schneller vorbeigegangen, als es eigentlich war. Insgesamt waren wir drei Stunden auf der Bühne, von denen hinterher in der Sendung vieles rausgeschnitten wurde. Es gab technische Probleme, so dass ich bei ein paar Fragen, die ich eigentlich hätte beantworten können, nicht mehr zum Zug kam.
Gab es den einen Moment, wo Du dachtest: Ich kann das hier gewinnen und bin dann der Champion?
Nach der Teamrunde, wo wir zu zweit ins Finale hochgegangen sind, dachte ich: Wow ich habe immer noch eine Chance! Wir alle hatten den Kandidaten aus Vietnam als Favoriten gesehen, aber der ist dann in der zweiten Runde ausgeschieden. Die spätere Gewinnerin war in meinem Team und hatte eigentlich keine Frage beantwortet, so dass ich uns beide durch die Teamrunde gebracht habe. Sie hat sich später noch in der Show dafür bedankt.
Was fehlte Dir am Ende zum ersten Platz?
Bei einer Frage war ich nicht schnell genug mit dem Buzzer, obwohl ich die Antwort gewusst hätte. Am Ende war es aber die Frage nach dem posthumen Namen von König Sejong. Ich wusste, dass ich das schon mal gehört hatte, wir hatten im ersten Semester Koreanistik darüber gesprochen! Aber am Ende fiel es mir zum Verrecken nicht ein. Als die Antwort dann kam dachte ich nur: Natürlich (lacht)!
Trotzdem eine tolle Leistung …
Danke. Die Stimmung unter den Kandidaten war sehr gut und fair. Natürlich wollten wir alle gewinnen, aber am Ende war es einfach eine wunderbare Erfahrung.
Welche Veränderungen hat diese Erfahrung in Dir und in Deinem Leben ausgelöst? Wie siehst Du Deine persönliche Zukunft, wird Koreanisch darin eine Rolle spielen?
Gut möglich. Ich muss mir das noch genauer anschauen, weil ich noch nicht weiß, was ich genau dauerhaft machen will. Meine Mutter ist Dolmetscherin und Übersetzerin, dass könnte ich mir auch gut vorstellen. Gleichzeitig interessiere ich mich auch für Journalismus. Wenn ich mein Koreanisch einsetzen darf und wenn ich mich im Kulturaustausch engagieren könnte, dann würde ich das auf jeden Fall machen. Meine Sicht auf die Welt ist internationaler geworden. Ich möchte gerne dabei helfen, dass sich verschiedene Kulturen untereinander näher kommen.
Interview: Jörg Siegeler