Jörn Brenscheidt

„Einer der höflichsten Deutschen in China“

Die Treppen von Hokon, so der Name der Firma, die der Unternehmer Jörn Brenscheidt gemeinsam mit seiner Familie im nordrhein-westfälischen Witten aufgebaut hat, sind etwas Besonderes. Kühne Entwürfe gehören dazu, wie etwa die mit 21,5 Metern längste freischwebende Massivholz-Treppe der Welt im norwegischen Stavanger. „Eine Treppe ist immer ein Unikat“ sagt Senior Rolf Brenscheidt, und: „je verrückter die Kundenanfrage, umso begeisterter stürzt sich mein Sohn auf das Projekt“.

„Ich bin jemand, der Dinge sehr konsequent macht und auch bereit ist etwas zu riskieren", sagt Jörn Brenscheidt, der Hokon im Jahr 2000 gegründet hat und seit dem führt. Ländergrenzen stellen kein Hindernis für den Unternehmer dar. In China hat er kürzlich einen renommierten Design-Award gewonnen. Dass dem China-Geschäft die Zukunft gehört, ist sich Brenscheidt sicher. Gemeinsam mit einem deutschen und einem chinesischen Partner hat er deshalb ein Joint-Venture gegründet, mit dem er Projekte für den chinesischen Markt umsetzt. Kommuniziert wird auf Englisch und mit Hilfe eines Dolmetschers – dennoch, meint Brenscheidt, sind grundlegende Chinesisch-Kenntnisse auf Dauer unverzichtbar, um den Partnern und Kunden aus Fernost auf Augenhöhe begegnen zu können. Am Sinicum des LSI nimmt er deshalb Einzelunterricht. Für den Unternehmer, der Dinge gerne konsequent angeht, keine 100% optimale Situation. „Ich würde gerne einen Intensivkurs machen, um schneller in die Sprache hinein zu kommen“. Die gute Auftragslage und die Anforderungen der modernen Arbeitswelt mit ihrem hohen Tempo machen es schwierig, sich die nötige Zeit zu nehmen. Dank flexibler Lernformate und berufsbegleitenden Onlinekursen ist Chinesisch-Lernen am LSI aber auch für berufstätige Menschen mit knappem Zeitbudget möglich. Jörn Brenscheidt ist derweil schon wieder auf dem Weg nach China. Vor seiner Abreise hatten wir Gelegenheit mit ihm zu sprechen.

Herr Brenscheidt, Sie lieben Ihren Beruf.

Ja, absolut. Ich bin in der glücklichen Lage, dass ich nicht „arbeiten“ gehe, sondern wirklich etwas mache, was mir Spaß macht. So gesehen bin ich auch mit einem 12-Stunden Arbeitstag kein Workaholic. Was ich mache, ist mein Beruf, aber auch eine Berufung.

Wie lange planen Sie in der Regel, bevor sie anfangen Teile zu fertigen?

Das ist ganz unterschiedlich. Das Design einer einfachen Treppe, von der ich nur die Maße brauche, kann theoretisch in 15 Minuten produktionsbereit sein. Wenn wir den kompletten Auftrag abwickeln, kann es auch sehr lange dauern. Zum einen, weil die Kunden oft sehr früh an uns herantreten. Zum anderen geht es bei solchen Projekten um mehr als bloß um die Möglichkeit von einem Stockwerk ins nächste zu gelangen. Klar muss eine Treppe auch das leisten. Aber der Anspruch besteht darin, Stilelemente zu schaffen, die dem Haus Charakter geben und den persönlichen Stil des Kunden widerspiegeln.

Wenn Sie ein Design entwerfen, müssen Sie das Haus vorher gesehen haben?

Noch besser ist, wenn ich die Pläne vorab kenne, am besten bevor der Bauantrag abgegeben wurde. Dann kann ich noch Einfluss nehmen, Wände anders setzen etc., so dass ich im Detail ein viel perfekteres Ergebnis bekomme. Ich arbeite gerne mit der HoloLens-Technik, das ist eine Datenbrille, mit der ich einen Raum betreten und meine Entwürfe in Echtzeit in der vorgesehenen Position anschauen kann; und zwar aus allen denkbaren Betrachtungswinkeln. Das ist auch toll für meine Kunden, denn so können sie einen sehr guten Eindruck vom späteren Ergebnis bekommen. Soweit ich weiß, sind wir die einzige Treppenbaufirma weltweit, die diese Technik einsetzt.

Sie scheuen sich nicht davor ins Ausland zu gehen, wenn Kundenanfragen kommen?

Nein, das ist kein Thema. Die Türen hier zum Beispiel (deutet in die Fertigungshalle), gehen nach Südfrankreich. Wir haben aktuell Baustellen in München, Prag, Dubai, Addis Abeba. Unser Motto ist: wir gehen überall da hin, wo die Menschen es individuell und schön haben möchten und wo wir in Frieden empfangen werden. Natürlich gibt es auch problematische Bereiche. Anfragen aus dem Irak beispielsweise habe ich abgelehnt.

Reden wir über China. Wie lange sind Sie dort schon aktiv?

Angefangen hat es im September 2018. Einer unserer Materialieferanten, die Firma Pollmeier aus Creuzburg, ist in Asien sehr präsent. Sie haben einem chinesischen Treppenbauer aus Shanghai das Foto einer unserer Treppen gezeigt. Wir experimentieren gerne mit ungewöhnlichen Werkstoffen, Etwas Ähnliches hatten die Kollegen in Shanghai auch versucht, waren aber auf Schwierigkeiten gestoßen. Sie haben dann bei uns angefragt, ob wir den Auftrag übernehmen können. Mir ist ein guter persönlicher Kontakt wichtig, deshalb bin ich direkt nach Shanghai geflogen, habe mir eine Woche lang alles angeschaut und dann angeboten als Berater in das Projekt einzusteigen. Wie es der Zufall wollte, lief zu der Zeit gerade eine Möbelmesse in Shanghai. Dort habe ich einen Händler von Pollmeier kennengelernt, dem meine Treppen so gut gefielen, dass er mich kurzerhand für einen chinesischen Design-Award angemeldet hat – mit dem Ergebnis, dass ich ohne mein Zutun eine der höchsten chinesischen Design-Auszeichnungen gewonnen habe (lacht). Es dauerte nicht lange, dann stand ich selber gemeinsam mit Pollmeier und dem Händler auf einer chinesischen Messe, diesmal in Guangzhou im Süden Chinas. Da habe ich meine jetzigen Geschäftspartner kennengelernt, die dabei waren ein Innovation-Center für die chinesische Holzindustrie aufzubauen. Ich konnte sie überzeugen, mich als Teilhaber mit ins Boot zu holen. Wir machen Designs, beraten unsere Kunden in Fragen der Optimierung des Produktionsprozesses und der Qualitätsstandards. Die Bezahlung erfolgt in einer Mischung aus Aufwand und Umsatzbeteiligung.

Den chinesischen Markt direkt von Deutschland aus zu beliefern wäre keine Option für Sie?

So wie wir es jetzt machen, ist es deutlich effizienter. Sie müssen auch die Stückzahlen sehen. Wir haben beispielsweise einen Kunden, der um die 30.000 Zimmertüren im Monat fertigt. Wenn die alle nach unserem Design gebaut und wir am Umsatz beteiligt werden, dann können Sie sich ausrechnen, dass sich das lohnt. Wir tragen dabei kein Risiko und müssen uns auch nicht um Export und Logistik kümmern.

Wie läuft generell die Kommunikation zwischen Ihnen und den chinesischen Partnern bzw. Kunden?

Durch meine anderen ausländischen Projekte bin ich es gewohnt Englisch zu sprechen und meine Kompagnons beherrschen es perfekt, so dass es für uns die naheliegende Lösung ist. Was die Kunden betrifft, gibt es einen deutlichen Unterschied zwischen den Generationen. Ältere Chinesen tun sich oft schwer damit, Fehler einzugestehen oder um Hilfe zu bitten. Für sie ist das gleichbedeutend mit einem Gesichtsverlust. Wenn in der Produktion etwas schiefläuft, kann das zu einem echten Problem werden. Mir als Ausländer kommt dann so etwas wie eine Vermittlerrolle zu. Dinge, die Chinesen untereinander nicht offen ansprechen dürfen, können sie mit mir bereden, da ich nicht Teil ihres Sozialgefüges bin. Jüngere Chinesen sind insgesamt pragmatischer. Viele von ihnen haben in den USA oder Kanada studiert, denen ist vor allem wichtig, dass der Laden läuft. Und die Kommunikation auf Englisch klappt da in der Regel auch gut.

Nichtsdestotrotz haben Sie sich entschieden Chinesisch zu lernen. Welche Gründe sprechen dafür?

Zum einen interessiere ich mich sehr für die chinesische Kultur. Mir ist auch wichtig, dass meine Kollegen und Freunde mir ein regelmäßiges Feedback geben, was mein eigenes Auftreten betrifft, zum Beispiel in Fragen der Höflichkeit. Ich werde natürlich kein Chinese mehr werden, will ich auch nicht, weil unserer Kunden schließlich einen Deutschen wollen, aber mein Ziel ist es, einer der höflichsten Deutschen in China zu sein. Höflichkeit ist ein enorm wichtiger Faktor in der chinesischen Kultur, gerade in geschäftlichen Dingen. Zum anderen gibt es auch strategische Gründe. Wenn in meinem Beisein auf Chinesisch über mich geredet wird, möchte ich wissen, was gesagt wird. Hauptgrund bleibt aber, dass ich einfach meinen Respekt zeigen möchte. Niemand erwartet von mir, dass ich perfekt Chinesisch kann, aber mich vorstellen, etwas Small-Talk, mal alleine ins Restaurant gehen – so gut möchte ich die Sprache schon beherrschen. Auch um die üblichen kulturellen Missverständnisse zu vermeiden.

Haben Sie schon mal ein solches Missverständnis erlebt?

Ja, bei meiner letzten Reise. Direkt neben meinem Hotel war ein Massage-Salon. Chinesische Massage-Salons sind nicht immer unbedingt ganz astrein (lacht), aber dieser sah sehr anständig aus, also dachte ich mir, ich versuche mal, ob ich alleine zurechtkomme. Ich ging rein, die Leute konnten überhaupt kein Englisch, also habe ich versucht mich mit Google-Translate verständlich zu machen – mit dem Ergebnis, dass mir Prügel angedroht wurden und ich rausgeworfen wurde. Das wollte ich nicht so stehen lassen und habe eine Mitarbeiterin des Hotels gebeten, nochmal mit mir hinzugehen. Die konnte das Missverständnis schnell aufklären. Um nämlich sicher zu gehen, dass ich nicht im Rotlichtviertel gelandet war, hatte ich gefragt, ob sie „auch wirklich nur Massage“ machen. Das kann man natürlich so oder so verstehen (lacht). Nachdem wir das geklärt hatten, war ich von da an ein gern gesehener Gast. Der Punkt ist: Als Ausländer in China muss ich mich auf die Menschen dort einstellen. Ich kann nicht voraussetzen, dass sie Englisch können oder Deutsch. Ich bin auf Reisen auch gerne mal alleine unterwegs. Wenn ich dann durch die Stadt gehe, möchte ich selber erkennen, ob der Laden vor mir ein Supermarkt oder ein Tierarzt ist. Und dafür brauche ich Chinesisch.

Was ist Ihre Erwartungshaltung an einen guten Sprachunterricht?

Der Einzelunterricht, so wie ich ihn jetzt am LSI gemacht habe, hat mir wirklich viel gebracht. Den Intensivkurs möchte ich trotzdem noch anschließen, den Einzelunterricht sehe ich als eine Art Vorbereitung darauf. Ich kann nicht so gut aus Büchern lernen, dafür umso besser aus der Praxis. Im Intensivkurs, in der Gruppe, schafft man deutlich mehr und man kommt schnell ins Hören und Sprechen rein. Und darum geht es letztendlich.

 

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