Magda Barakat

„Arabistin bleibt man ein Leben lang"

Magda Barakat hat Arabistik, Islamwissenschaft, Romanistik, und Sprachlehrforschung an der Ruhr-Universität Bochum studiert. Im Sommer 1985 begann sie ihre Tätigkeit als Arabischlehrerin am neugegründeten Arabicum des Landesinstituts für die chinesische, japanische und arabische Sprache in Bochum. 2021 geht sie in den Ruhestand. Eine Rückschau.

Liebe Magda, über drei Jahrzehnte als Dozentin am Arabicum…wie hat alles angefangen?

Ich kam 1985 ans Institut, also vor 36 Jahren. Mein damaliger Professor sprach mich noch während das Studiums an, ob ich mir vorstellen könnte in Richtung Lehre und Arabischunterricht zu gehen. Hintergrund der Anfrage war die bevorstehende Gründung des Arabicums in Bochum. Man hatte schon Kontakt zur Uni aufgenommen, und so entstand die Idee, dass ich nach dem Studium in diesem neu gegründeten Institut sinnvoll arbeiten könnte. Erst war ich nicht so überzeugt, aber schließlich habe ich die Islamwissenschaft aufgegeben und Sprachlehrforschung studiert. Die Kombination aus Arabistik und Sprachlehrforschung war damals ein Novum.

Das Arabicum war damals, anders als heute, nicht Teil der Ruhr-Uni, oder?

Nein, aber natürlich hat man die Experten der Uni mit ins Boot geholt. Das waren damals vor allem Prof. Endreß von der Arabistik und Prof. Schwerdtfeger von der Sprachlehrforschung. Englisch oder Französisch konnte man auf Lehramt studieren, für Arabisch gab es das nicht und die Studierenden der Arabistik haben keine Pädagogik und Didaktik gelernt. Dieses Wissen musste man sich anders aneignen. Die Sprachlehrforschung war das Mittel dazu. Das Arabicum wurde im Frühjahr 1985 gegründet. Im Juni hatte ich meine Abschlussprüfung und am 1. August habe ich als Arabischlehrerin angefangen. Ich war die erste fest angestellte Dozentin. Es war ein kleines Institut: Frau Ellerichmann, die sehr lange die Bibliothekarin des Arabicums war, und zwei studentische Hilfskräfte, von denen die eine noch heute eine wichtige Rolle im Institut spielt!

Michaela Kleinhaus, die heutige Leiterin des Arabicums.

Genau, wir haben am selben Tag angefangen. Es gab zu Beginn, außer ein paar kleineren Vorarbeiten, so gut wie nichts. Wir mussten das gesamte Unterrichtskonzept selbst entwickeln. 

Ist Arabisch Deine Muttersprache?

Ja, ich komme aus Syrien. Als Jugendliche habe ich einige Zeit in einem deutschen Krankenhaus verbracht. Ich habe dort schnell erkannt, dass wenn ich studieren will, es für mich in Deutschland einfacher sein würde als in Syrien. Damals war Bochum eine der wenigen Unis in Deutschland, die barrierefrei waren und eine Arabistik hatten. Denn dass ich Arabistik studieren wollte, stand von Anfang an fest. So kam ich nach Bochum - und es wurde meine zweite Heimat.

Wie hast Du Deutsch gelernt? 

Wenn ich das erzähle, ist das keine gute Werbung für Sprachkurse (lacht)! Ich habe Deutsch im Krankenhaus gelernt. Ich hatte sehr nette Zimmernachbarinnen, die Interesse an Literatur und Sprachen hatten. Später habe ich noch ein Semester Studienkolleg gemacht, aber das war es auch. Ich habe eigentlich nie einen Deutschkurs besucht, dafür sehr früh angefangen zu lesen. Ein Freund schenkte mir „Drei Männer im Schnee“ von Erich Kästner, dann Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch. Mit Deutsch hatte ich einfach Glück - und einen etwas ungewöhnlichen Start.

Konntest Du zu diesem Zeitpunkt schon andere Fremdsprachen?

Ja, ich kann sehr gut Französisch und hatte auch schon angefangen, Englisch zu lernen. Das machte es etwas leichter. Ich habe Sprachen immer geliebt.

In Deutschland hast Du Arabistik studiert. Welchen Stellenwert hatte dieses Fach Mitte der 1980er Jahre bei uns und wie hat sich das seitdem entwickelt?

Zu der Zeit war Arabistik definitiv ein „Orchideenfach“, vergleichbar mit Indologie. Das studierten Leute, die kein konkretes Berufsziel vor Augen hatten oder haben mussten. Das ganze Studium war anders angelegt als heute, sehr philologisch. Man studierte die arabische Grammatik, Geschichte und die arabische Philosophie und Literatur. Ich erinnere mich auch, dass meine Kommilitonen damals kaum Arabisch sprechen konnten. Das wurde vernachlässigt und war nicht Ziel des Studiums. In der Frühphase des Arabicums spielte das eine Rolle, denn viele Arabistik-Studierende kamen in unsere Kurse, um Arabisch sprechen zu lernen. Die Situation an den Unis hat sich seitdem sehr geändert. Die Studierenden wollen heute schon früh kommunizieren, die Sprachausbildung ist deutlich besser geworden. Die Philologie spielt natürlich immer noch eine Rolle, aber Kommunikationskurse gehören heute fest dazu. 

Wie hat sich das Publikum des Arabicums seit dieser Zeit verändert?

Es kommen immer noch viele Studierende der Arabistik und der Islamwissenschaft, weil sie ihre Sprachkenntnisse in unseren Intensivkursen schneller als an den Unis aufbauen und verbessern können. Mit der Gründung des Arabicums, das ja als Institut des Landes NRW ins Leben gerufen worden war, wollte man vor allem Adressaten aus Politik, Medien und Wirtschaft erreichen. Es kamen aber auch viele Menschen aus familiären Gründen, mit Elternteilen oder Ehepartnern aus einem arabischen Land. In den ersten zwei, drei Jahren waren die Grundkurse Lesekurse. Sie waren dreiwöchig und der Wortschatz hatte einen starken Fokus auf Politik und Wirtschaft. 

Waren da gar keine Sprachanfänger dabei?

Doch, natürlich. Sie haben in der ersten Woche die Schrift gelernt, und dann sind wir direkt mit kleinen Lesetexten eingestiegen. Es wurde aber schnell klar, dass die Teilnehmenden nicht bis zum dritten Kurs warten wollten, um sprechen zu lernen. Deshalb haben wir angefangen, das Konzept zu ändern und weiter zu entwickeln, so wie es das Arabicum im Prinzip bis heute verfolgt: Grammatik, Kommunikation und in der Grundstufe Wortschatz aus dem Alltag.

Diese Wende in der Methodik hat auch zur Entwicklung der Lehrbücher geführt?

Ja, das war die Grundsteinlegung dafür. Zu der Zeit hatten wir nur Reader, noch keine Lehrbücher. Dadurch war das Unterrichtskonzept sehr beweglich, und wir konnten von Kurs zu Kurs immer wieder Dinge ändern, da wir nur die Reader anpassen mussten. Wir haben in dieser Zeit viele Erfahrungen gesammelt. Die Entwicklung eigener Lehrbücher war aber von Anfang an geplant, wir haben nie mit fremden Lehrwerken gearbeitet. Bei der Entwicklung haben wir von Anfang an auf Alltagssituationen und alltagstaugliches Arabisch geachtet.

Ihr habt sogar eine Hintergrundstory geschrieben, mit eigenen Charakteren. Jeder, der am LSI Arabisch gelernt hat, kennt Martin und Abu Khalil. Wieviel Spaß hat es gemacht, diese Geschichte zu entwickeln?

Sehr großen Spaß! Ich komme aus Syrien, und als es darum ging eine Geschichte zu erzählen, habe ich natürlich von Syrien erzählt. Das kann man sich heute kaum vorstellen…Syrien war als Reiseland, gerade auch für Sprachreisen, sehr beliebt. Kurz vor dem Krieg boomte es richtig, die Uni in Damaskus bot Arabischkurse für ausländische Besucher an, das Goethe-Institut war da, auch wir hatten viele Auslandskurse in Syrien. Der syrische Dialekt ist relativ leicht zugänglich, archäologisch und kulturell hatte das Land viel zu bieten. Die Handlung unseres Lehrbuches spielt in Syrien. Es geht darum, dass ein deutscher Journalist, der mit einer jordanischen Palästinenserin verheiratet ist, in Damaskus lebt, …aber wir wollten den Maghreb nicht außer Acht lassen, deshalb lernt er in der Geschichte einen marokkanischen Studenten kennen. Wir haben versucht, beide geografische Regionen zu berücksichtigen, den Nahen Osten und den Maghreb. 

Wie seid ihr dabei mit dem Thema der arabischen Dialekte umgegangen?

Die Frage, welche Sprache in den Lehrbüchern verwendet werden soll, war immer ganz zentral für uns. Es ist Hocharabisch, aber sehr nah am gesprochenen Arabisch des Alltags. Arabisch ist eine sehr alte Sprache, es gibt Verben, die man eher beim Sprechen verwendet, andere nutzt man eher zum Schreiben, womit man Texten auch eine literarische Note geben kann. Bei den Dialogen haben wir uns immer gefragt, welches Verb würde man im Alltag verwenden? Das hat dazu geführt, dass, wenn wir mit Dozenten in Syrien, Ägypten oder Marokko gearbeitet haben, sie gesagt haben: dieses Verb ist Dialekt! Das stimmte gar nicht, aber für sie wirkte es so, weil es in der Schriftsprache nicht in erster Linie verwendet wird. Wir hatten viele Diskussionen mit den Lehrkräften und mussten uns manchmal auch durchsetzen.

Dieses „Verhandeln“ der arabischen Sprache ist mir auch hier im Institut aufgefallen, im Zusammenhang mit den Sprachaufnahmen, die wir zu den Lehrbüchern gemacht haben. Ihr diskutiert oft sehr intensiv über die korrekte Formulierung oder Auswahl von Wörtern. Ist das eine „Unschärfe“, die in der Struktur der arabischen Sprache angelegt ist?

Zur Beantwortung der Frage gehören zwei wichtige Aspekte. Das erste ist der Wortschatz. Man kann immer zwischen fünf Verben dasjenige wählen, das am ehesten im Alltag verwendet wird. Ich muss zugeben, dass selbst ich als Muttersprachlerin mit 36 Jahren Lehrerfahrung Hemmungen habe, bestimmte Verben zu verwenden - obwohl ich weiß, dass sie hocharabisch sind! Bestimmte Wörter werden nicht unbedingt in der gesamten arabischen Welt verwendet. Wir versuchen, solche Wörter zu vermeiden, denn der Anspruch ist ja, ein Arabisch zu vermitteln, das in der gesamten arabischen Welt verstanden wird. Der zweite Aspekt ist die Grammatik. Die arabische Grammatik hat Bestandteile, die beim alltäglichen Sprechen keine Rolle spielen, zum Beispiel die berühmte Kasusendung. Wenn man nicht gerade Dichter, Nachrichtensprecher, Arabischlehrer oder Religionsgelehrter ist, dann braucht man die Kasusendung beim Sprechen nicht zwingend, eigentlich wirkt die Verwendung sogar eher komisch. Warum also die Leute damit belasten? Natürlich erläutern wir die Grammatikregeln der Kasusendung, bestehen aber nicht auf ihrer Anwendung.

Hinzu kommt die große Vielfalt der arabischen Dialekte. Arabisch ist die einzige Sprache am LSI, für die auch Dialektkurse angeboten werden. Wie kam es dazu?

Wir haben es tatsächlich erst gemacht, als 2015 die vielen syrischen Geflüchteten gekommen sind. In Deutschland bestand eine große Bereitschaft zu helfen, sowohl auf offizieller Ebene, in Ämtern als auch bei Privatleuten. Viele Menschen wollten Arabisch lernen, um sich mit diesen Syrern besser verständigen zu können. Da lag die Überlegung nahe, ihnen nicht Hocharabisch beizubringen, sondern direkt Syrisch. Wir haben sogar eine Zeit lang kompakte Kurse angeboten, in denen wir auf die arabische Schrift verzichtet und die Umschrift verwendet haben.

„Wenn man Arabisch richtig lernen will, dann muss man Hocharabisch lernen."

Du hattest schon beschrieben, dass ihr für alle anderen Arabischkurse den Weg des „alltagstauglichen Hocharabisch“ gegangen seid. Dass was Du zum syrischen Dialekt sagst, bringt mich nochmal zurück zu der Frage: Wieviel kann man später in einem arabischen Land damit anfangen? Am Ende treffen die Leute ja doch auf einen Dialekt, sei es in Syrien, in Ägypten oder in Marokko.

Die Frage ist berechtigt und hat uns auch oft bei unseren Auslandskursen begleitet. Die Teilnehmenden hatten die Sprachkenntnisse aus den Bochumer Intensivkursen, kamen dann als fortgeschrittene Lerner in ein arabisches Land - und haben in den ersten Tagen so gut wie nichts verstanden. Aber dann kam es so langsam. Man muss sich an jeden Dialekt erst gewöhnen. Hocharabisch als Grundlage zu haben, davon sind wir überzeugt, ist der richtige Weg. Wenn man Arabisch richtig lernen will, schreiben, lesen, und nicht nur „Küchenarabisch“, dann muss man Hocharabisch lernen. Sonst wird der Lernprozess irgendwann zu einer Sackgasse. Als wir angefangen haben Dialekt zu unterrichten, merkten wir auch: Es ist viel schwieriger! Eigentlich gibt es ja kein „Syrisch“, „Libanesisch“, „Palästinensisch“, „Jordanisch“ oder einen sogenannten Syrisch-Palästinensischen Dialekt. Es gibt „Damaszenisch“, „Aleppinisch“ usw.…In Damaskus leben viele Palästinenser, viele Libanesen, die auch wieder eigene Dialekte sprechen. Das alles im Sprachunterricht zu vermitteln ist kaum möglich. Arabisch-Lernende müssen einfach die Bereitschaft mitbringen, sich immer wieder neu darauf einzustellen, und dafür bietet unser Ansatz eine gute Grundlage.

Wird das Thema Dialekte in der arabischen Welt wissenschaftlich erforscht, zum Beispiel an Universitäten?

Dialekte werden erforscht, aber eigentlich eher durch Orientalisten bzw. Arabisten. Es gab und gibt sehr gute Dialektbücher, aber die besten sind von Nicht-Arabern, oder von im Ausland lebenden Arabern. Wir haben schnell festgestellt, dass es viel einfacher ist, Hocharabisch zu unterrichten und zu lernen. Es steht eben alles fest - dieses ist richtig, jenes ist falsch. Dialekte wissenschaftlich und methodisch in den Griff zu bekommen ist sehr schwierig. Hinzu kommt: Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Kurse interessieren sich für Arabisch, wissen aber noch nicht, in welches Land sie später gehen wollen, oder sie möchten sich generell nicht auf eine Region festlegen. Es würde für diese Lernenenden keinen Sinn ergeben, mit einem Dialekt zu starten. Unsere Methode ist flexibler und eröffnet auch andere Möglichkeiten, zum Beispiel den Koran zu lesen oder sich mit arabischer Dichtung und Philosophie zu beschäftigen. Das moderne Standardarabisch ist ein guter Ausgangspunkt für alle diese Wege.

2011 brach der Krieg in Syrien aus. Heute ist Dein Heimatland in großen Teilen zerstört. Wie sehr belastet es Dich, was dort geschehen ist?

Natürlich ist das schmerzhaft für mich. Der arabische Frühling begann in Tunesien, dann Ägypten, Libyen…viele Syrer haben gedacht, in Syrien wird es nicht so weit kommen. Als der Krieg in Syrien begann, dachten viele, dass der Konflikt so oder so schnell entschieden sein würde. Dass es sich so lange hinzieht, dass das Land derart zerstört werden würde und so viele Leute gezwungen sein würden, ihre Heimat zu verlassen - das hat damals keiner für möglich gehalten. Ich habe das eher „stufenweise“ realisiert. Eine Zeit lang konnte ich keine arabischen Lieder hören, weil Musik immer sehr emotional wirkt. Bestimmte Bilder und Themen musste ich im Unterricht vermeiden, sonst hätte ich nicht weitermachen können. Mit der Zeit stellte sich auch für das Arabicum insgesamt die Frage: was machen wir jetzt? Unsere Bücher spielen in Syrien und natürlich kam es uns zunehmend befremdlich vor, damit zu unterrichten. Wir haben ernsthaft in Erwägung gezogen, die Lehrbücher neu zu schreiben. Wir haben gezögert, weil wir wussten, wie viel Arbeit und Erfahrung in diesen Büchern steckt. Das sind Jahre. Jede Übung ist auf die andere abgestimmt, jeder Text…alles ist fein austariert. Deshalb lieben unsere Teilnehmer die Bücher, deshalb werden sie auch an vielen Universitäten eingesetzt. Wir haben uns nach vielen Gesprächen am Ende dafür entschieden, die Bücher nicht zu ändern.

Der Krieg hatte eine weitere Begleiterscheinung, die Du schon kurz angesprochen hast: die Ankunft vieler arabischsprachiger Menschen in Deutschland ab 2015. Wie hast Du diese Situation wahrgenommen? 

Früher war es oft so, dass viele Leute nicht genau wussten, wo Syrien eigentlich liegt. Ab 2015 wurde ich dann oft für eine Geflüchtete gehalten, obwohl ich schon sehr lange in Deutschland lebe. Ansonsten gab es ein paar angenehme Begleiterscheinungen. Arabisches Brot gab es früher in Deutschland selten zu kaufen, heute kann ich in Bochum zum türkischen oder syrischen Händler gehen. Die syrische Community in den 1980er Jahren war klein und ganz anders strukturiert. Da gab es viele Ärzte und Ingenieure, die schon in den 1960er Jahren zum Studieren nach Deutschland gekommen waren. Heute ist das sehr gemischt. Wenn ich unterwegs bin, höre ich viel Arabisch auf der Straße, sehr oft Syrisch. Und es gibt zunehmend Deutsche, die Arabisch lernen wollen, zumindest verglichen mit früher.

Was glaubst Du, wie vielen Menschen hast Du Arabisch beigebracht?

Sehr vielen (lacht)! Ich habe 36 Jahre Arabisch unterrichtet und kann sagen: Ich habe mich an keinem Tag gelangweilt oder den Spaß an meinem Beruf verloren. Ich glaube es lag an zwei Dingen. Zum einen weil wir immer den Anspruch hatten, unsere Methoden weiter zu entwickeln. Und zum anderen wegen der Leute, die zu uns kamen. Denn auch die Teilnehmenden haben viele Impulse mitgebracht. Dadurch wurde es nie langweilig.

Ein großer gesellschaftlicher und technologischer Trend, der auch vor dem Fremdsprachenunterricht nicht haltgemacht hat, ist die Digitalisierung - Stichwort „Onlinelernen“. Wie beurteilst Du diese Entwicklung?

Es ist eine Herausforderung, wie es die Entwicklung der Lehrbücher und die Frage nach den Dialektkursen auch waren. Wir haben uns immer Gedanken zu didaktischen und methodischen Fragen gemacht und angemessen darauf reagiert. In Corona Zeiten standen wir wieder vor einer Herausforderung. Onlinekurse waren nicht ganz neu für uns, aber die Notwendigkeit mehr anzubieten war über Nacht da. Ich war an der Entwicklung kaum noch beteiligt, aber ich glaube, dass das LSI sehr gut darauf reagiert hat. Das Institut hat neue methodische Formen gefunden und in kurzer Zeit einen großen Schritt nach vorne gemacht. Das ist nicht überall so gut gelungen wie bei uns, an vielen Schulen nicht und auch längst nicht überall an den Universitäten. 

Hast Du Sorge, dass durch Onlinekurse auch etwas verloren gehen könnte, zum Beispiel in der persönlichen Kommunikation?

Ich würde mir schon wünschen, dass die Präsenzkurse nicht komplett verdrängt werden. Die soziale Dimension, der persönliche Kontakt, kann durch E-Learning und Distanzunterricht nicht ersetzt werden. Man entwickelt eine Beziehung zu den Teilnehmenden auch im Onlinekurs, aber nicht so wie in der direkten Begegnung. Man muss aber eben auch anerkennen: für viele Leute sind die Onlinekurse besser. Sie können den Kurs berufsbegleitend machen, können in ihrer Stadt bleiben, haben keine Reisekosten…diese Flexibilität ist wichtig. Es gibt Entwicklungen, die muss man akzeptieren und die positiven Seiten erkennen. Natürlich hoffe ich, dass es nicht so weit geht, dass es in zehn Jahren keine Präsenzkurse mehr geben wird, das wäre schade…nicht nur für das LSI, sondern grundsätzlich.

Du hast Dich Dein gesamtes Berufsleben mit der arabischen Sprache beschäftigt. Jetzt wo Du in den Ruhestand gehst, machst Du an dieser Stelle einen Cut oder würdest Du sagen Arabistin ist man sein Leben lang?

Arabistin ist man sein Leben lang! Bis heute begeistert mich jedes neue Phänomen der Sprache oder etwas, dass ich auf einmal besser begreife. Es wäre auch zu schade. Wenn ich ein Buch lese, denke ich oft: oh, das wäre für Arabischlerner interessant! Auch wenn ich weiß, dass ich es nicht mehr mit in den Unterricht nehmen werde - das kann man nicht abstellen. Ich bleibe Arabistin.

 

Interview: Jörg Siegeler